Editorial

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

 

in der Ausgabe 2/2024 unserer Fachzeitschrift „Die Kriminalpolizei“ widmen wir uns zunächst juristischen Themen und loten die Grenzen des polizeilichen Eingriffshandelns sowie der Anwendbarkeit ausgewählter Rechtsnormen aus.


Dr. Sören Pansa, Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig, und Christian Alexander Schiller, Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Flensburg, setzen sich mit der Güter- und Pflichtenabwägung bei einer Kollision präventiver und repressiver polizeilicher Maßnahmen auseinander. Dabei geht es um die Möglichkeit, im Einzelfall das strafprozessuale Einschreiten aus kriminaltaktischen Gründen oder auch aufgrund einer besonders schweren Gefahrenlage zurückzustellen. Letzteres wird zum Beispiel regelmäßig bei Geiselnahmen oder auch gewalttätigen Demonstrationen zu prüfen sein. Es gilt der Grundsatz, dass der durch das Legalitätsprinzip gesicherte Strafverfolgungsanspruch des Staates de facto, niemals hingegen de jure untergehen kann. Entfällt die Kollisionslage, so sind auch die zur Strafverfolgung angezeigten Maßnahmen wieder geboten. Die Geltung des Legalitätsprinzips wird somit im Grundsatz nicht berührt. Zur Disposition steht nur das „Wie“ bzw. das „Wann“ der strafprozessualen Maßnahmen.


Prof. Dr. Mirko Faber und Kathleen Kiske-Kunter beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit der Frage, ob, wann und in welchem Umfang Polizeibeamte bei außerdienstlicher Kenntniserlangung von Straftaten, Ordnungswidrigkeiten oder Gefahrenlagen dazu verpflichtet sind, sich in den Dienst zu versetzen und einzuschreiten. Dies ist insbesondere für den Bereich der Strafverfolgung relevant, da im Fall des pflichtwidrigen Nichteinschreitens der Verdacht der Strafvereitelung im Amt besteht. Mirko Faber ist als Hochschullehrer im Fachbereich Polizei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege des Landes Mecklenburg-Vorpommern (FHöVPR), Kathleen Kiske-Kunter als Kriminalhauptkommissarin bei der Kriminalpolizeiinspektion Neubrandenburg tätig. Grundlage des Fachaufsatzes ist die Diplomarbeit im Rahmen des Aufstiegsstudiums der Beamtin, die durch Mirko Faber betreut worden ist.


Das Thema „§ 129 StGB – Stumpfes Schwert oder Wunderwaffe der OK-Bekämpfung?“ wird durch Polizeidirektor Helgo Martens bearbeitet. Der Leiter der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung Hamburg und Lehrbeauftragte in der gemeinsamen Ratsausbildung von Bundespolizei und Bundeskriminalamt geht in seinem Beitrag auf die Entwicklung und den Schutzzweck des § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen), die Tatbestandssystematik und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Norm sowie auf kriminelle ausländische Vereinigungen und kriminaltaktische Aspekte ein. In dem sehr differenzierten Befund bewertet der Polizeidirektor die Bedeutung der Bestimmung kritisch. Der spezifische Mehrwert zeige sich nach seiner Auffassung allerdings in Fallkonstellationen, in denen die Mitglieder einer Tätergruppierung von einer bestimmten kriminellen Philosophie getragen werden und sich zugleich von der Ausführungsebene abschirmen.


Bestehende Probleme familienrechtlicher Verfahren im Kontext präventiver und repressiver Maßnahmen nach häuslicher Gewalt werden durch den Ehrenvorsitzenden der Deutschen Kinderhilfe – die ständige Kindervertretung e.V. und Polizeidirektor a.D. Rainer Becker sowie die Journalistin Dana Zelck aufgezeigt. Dabei geht es auch um die aus ihrer Sicht mangelhafte Umsetzung der Istanbul-Konvention (IK) als Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.


Der Fachaufsatz von Prof. Dr. Bijan Nowrousian von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV) zum Thema „Migrantenkriminalität: Zum Stand der Dinge“ wird in der vorliegenden Ausgabe fortgesetzt und vorläufig abgeschlossen. In seinem Fazit plädiert der Autor eindringlich dafür, sich im Interesse der Sicherheit im Land, des Schutzes von Kriminalitätsopfern aber auch des gesellschaftlichen Zusammenhalts der Realität der Migrantenkriminalität zu stellen. Soweit dies vom „Mainstream“ und von den „herrschenden Eliten“ verweigert werde, dürfe sich niemand mehr über den Aufstieg zweifelhafter Kräfte wundern.


In Kurzbeiträgen von Dr. Udo Baron und Andreas Peters geht es um die Themen „Europa zwischen ‚ewigem Frieden‘ und ‚Kaltem Krieg‘“ sowie „Kinder im Ermittlungsverfahren“. Udo Baron ist als Referent für die Bereiche Linksextremismus und Extremismus mit Auslandsbezug im Niedersächsischen Verfassungsschutz tätig und schreibt regelmäßig Aufsätze für unsere Fachzeitschrift. Andreas Peters ist als Polizeioberkommissar Angehöriger der Polizeiinspektion Ludwigslust.


Eine strafrechtliche Rechtsprechungsübersicht, Aktuelles aus dem Netz, Rezensionen und gewerkschaftspolitische Nachrichten runden unsere Zeitschrift schließlich wie gewohnt ab.


Liebe Leserinnen und Leser, wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und sind auf Ihre Rückmeldungen gespannt.


Für das Redaktionsteam


Ihr


Hartmut Brenneisen

 

 

Bildrechte: Kay Herschelmann.