Auf dem Weg zu einem Sicherheitsdienstleistungsgesetz (SDLG)
Von Dr. Harald Olschok, Bad Homburg/Berlin
1 Vorbemerkungen
Im Jahr 1901 wurde das erste deutsche Sicherheitsunternehmen in Hannover gegründet. Nur drei Jahre später kam es in Köln zur Gründung des Vorläuferverbandes des BDSW. Zu seinen ersten Forderungen gehörte die Einführung einer Gewerbeerlaubnis. Mit der Einführung des § 34a im Jahr 1927 in die Gewerbeordnung wurde dieses Ziel nach 23 Jahren erreicht. Fast 70 Jahre später, am 8. Dezember 1995, beantragte die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, ein Aufgaben- und Befugnisgesetz für die privaten Sicherheitsdienste zu verabschieden. Initiatoren waren die gelernten Polizisten und GdP-Mitglieder Hans-Peter Kemper und Günter Graf. Wir haben uns erfolgreich dagegen gewandt. Ein Aufgabengesetz kann nur den Status quo festschreiben. Es kann nicht Veränderungen in der Nachfrage nach Sicherheitsdienstleistungen in einer Marktwirtschaft bei sich ändernden Gefahrenlagen ausreichend berücksichtigen. Ein Befugnisgesetz hielten und halten wir für nicht notwendig. Die bestehenden rechtlichen Grundlagen auf Basis der Jedermanns- und Hausrechte sind für die weit überwiegenden Tätigkeiten ausreichend. Kommt es zu Aufgaben wie dem Schutz militärischer Liegenschaften oder kerntechnischer Anlagen bzw. Aufgaben im Bereich der Luftsicherheit so sind Befugnisse spezialgesetzlich zu regeln. In den letzten 25 Jahren hat unsere Branche zahlreiche neue Aufgaben übernommen, für die die gewerberechtlichen Grundlagen nicht mehr ausreichen. Deshalb fordern wir seit einigen Jahren die Verabschiedung eines Sicherheitsdienstleistungsgesetzes (SDLG). Dieses Vorhaben wurde bereits von der Großen Koalition aufgegriffen, aber zu keinem Abschluss gebracht. Die neue Bundesregierung hat die Neuregelung in ihre Koalitionsvereinbarung aufgenommen. Wir gehen davon aus, dass in der laufenden Legislaturperiode das SDLG verabschiedet wird. Das wäre ein Meilenstein in der 120-jährigen Geschichte des Sicherheitsgewerbes
2 Alte und neue Aufgaben der Sicherheitswirtschaft in Zeiten von Corona
Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt. Dazu tragen auch die privaten Sicherheitsunternehmen mit ihren vielfältigen Dienstleistungen und ihren rund 260.000 Mitarbeiter*innen bei. Die Sicherheitswirtschaft stellt eine unverzichtbare Säule in der Sicherheitsarchitektur dar. Sie trägt zur Gefahrenabwehr und Kriminalitätsprävention bei und leistet einen wichtigen Beitrag zur Inneren Sicherheit in Deutschland. Dies wurde erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik in der Koalitionsvereinbarung vom 12. März 2018 für die 19. Legislaturperiode ausdrücklich festgestellt.
Seit rund drei Jahrzehnten wird das Wirken der Sicherheitswirtschaft zunehmend in der Öffentlichkeit und damit auch für die Bürger*innen erkennbar. Der Schutz von Krankenhäusern, der Schutz von Alten- und Pflegeheimen, der Schutz von Veranstaltungen, der Einsatz als „City-Streifen” im privaten oder kommunalen Auftrag, die Begleitung des öffentlichen Personenverkehrs (ÖPV), Fluggastkontrollen an Verkehrsflughäfen, der Schutz von Flüchtlingsunterkünften, der Schutz von Universitätsgeländen und Schulen, Friedhöfen, Schwimmbädern, Weihnachtsmärkten tragen dazu bei.
Mit Beginn der Coronapandemie im März 2020 kam die Kontrolle auf Einhaltung der Abstandsgebote und Überwachung von Hygienekonzepten in Supermärkten, Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern dazu. Zum Jahreswechsel 2020/2021 folgte der Schutz von über 400 Impfzentren durch bis zu 17.000 private Sicherheitskräfte. Die Überprüfung der 2G- oder 3G-Regeln bei Fußballspielen und anderen Veranstaltungen, im ÖPV, beim Besuch von Weihnachtsmärkten und in Kaufhäusern bzw. Einkaufszentren sind weitere neue Aufgaben der letzten Monate. Diese Beispiele haben nicht nur zu einer verstärkten öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch zu einer Stärkung der Akzeptanz in Bevölkerung und Politik geführt.
Die Sicherheitsbehörden sind in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht in der Lage, die Sicherheit jedes Einzelnen und seines Eigentums überall und flächendeckend zu gewährleisten. Eigenvorsorge und Eigenverantwortung von öffentlichen und privaten Einrichtungen bzw. Unternehmen sind heute stärker denn je gefordert.
3 Die Sicherheitswirtschaft im Fokus der Politik
Die Unternehmen der Sicherheitswirtschaft benötigen aufgrund ihrer gewachsenen Bedeutung und ihres erweiterten Einsatzspektrums eine eigenständige rechtliche Grundlage in der Ressortzuständigkeit des Bundesinnenministeriums. Folgerichtig wurde in der Koalitionsvereinbarung der letzten Bundesregierung vom 12. März 2018 ausgeführt: „Private Sicherheitsbetriebe leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit. Durch die Neuordnung der Regelungen für das private Sicherheitsgewerbe in einem eigenständigen Gesetz werden wir die Sicherheitsstandards in diesem Gewerbezweig verbessern und so für noch mehr Sicherheit und Verlässlichkeit sorgen.“ Leider wurde dieses vereinbarte Vorhaben nicht mehr abgeschlossen, obwohl das Bundesinnenministerium intensiv an einem Referentenentwurf gearbeitet hat. Ein Quantensprung war der zum 1. Juli 2020 durchgeführte Zuständigkeitswechsel vom Bundeswirtschaftsministerium zum Bundesinnenministerium.
Der BDSW begrüßt es ausdrücklich, dass die neue Bundesregierung das unvollendete Projekt ihrer Vorgängerin erneut aufgegriffen hat. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP darauf verständigt, „verbindliche Standards für private Sicherheitsdienste in einem eigenen Gesetz zu regulieren“. Die Koalitionspartner werden damit ihrer Verantwortung für die Weiterentwicklung einer zukunftsweisenden Sicherheitsarchitektur und der Sicherheitswirtschaft gerecht.
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