Gewerkschaftspolitische Nachrichten
Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei
GdP beteiligt sich überwiegend zustimmend im Gesetzgebungsverfahren zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung
Dietmar Schilff, stellv. Bundesvorsitzender der GdP |
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat Mitte Oktober 2020 einen Referentenentwurf zur „Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften“ unter Anhörung beteiligter Verbände veröffentlicht. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt die Vorlage dieses Referentenentwurfs, da dieser viele positive Regelungen aufweise.
Mit dem etwas über hundert Seiten starken Entwurf soll u.a. der Zeugen- und insbesondere Opferschutz gestärkt und das Strafverfahren an die voranschreitende Digitalisierung angepasst werden. Aus Sicht der GdP ist die Intention des Gesetzgebers grundsätzlich zu würdigen, das Strafverfahren an den ständigen Wandel und die gesellschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen anzupassen. Es ist eine immerwährende Forderung der GdP, den Ermittlungsbehörden das notwendige Werkzeug in Gestalt von ausreichendem Personal, technischer Ausstattung und moderner gesetzlicher Grundlagen in die Hand zu geben, um ihre Aufgaben – für Bedienstete und Bevölkerung gleichermaßen zufriedenstellend – zu erfüllen.
COVID-19-Infektion als Dienstunfall: GdP beabsichtigt „Corona-Musterprozess“ zu führen
Die GdP strebt einen „Corona-Musterprozess“ an. Dessen Ziel ist die künftige Anerkennung von Dienstunfällen aufgrund von COVID-19-Infektionen im Einsatzgeschehen. „Unsere Beamtinnen und Beamten sind im Dienst jeden Tag der Gefahr durch eine Infektion mit dem Virus in besonderer Weise ausgesetzt“, betonte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende, Dietmar Schilff, zu Beginn des neuen Jahres 2021.
Mit welch mulmigen Gefühl der ein oder andere Polizeibeschäftigte in einen Einsatz gehe, so der Gewerkschafter, „hören wir im Moment fast tagtäglich“. Ständig drehten sich die Gedanken darum, sich nicht mit Corona zu infizieren. Dabei spiele eine nicht unerhebliche Rolle, wie viele Kolleginnen und Kollegen sich im Dienst bereits infiziert hätten oder aufgrund von Kontakten mit Infizierten krank seien oder in Quarantäne zuhause bleiben müssten.
Bei einzelnen Maßnahmen sei eine ausreichende Eigensicherung, etwa durch Wahrung des Mindestabstandes nicht möglich. Bei einer Infektion stellten sich dann dieselben Beweisprobleme wie bei einem Dienstunfall. Vor diesem Hintergrund sei ein entsprechender Schutz für die, die uns schützen essentiell, so Schilff.
Eine Abfrage der GdP-Landesbezirke hat ergeben, dass mehrere Fälle in mindestens fünf GdP-Untergliederungen bekannt sind, in denen Ansteckungen im Dienst erfolgten. Bisher seien diese jedoch wegen fehlender Kausalität vom Dienstherrn nicht als Dienstunfall anerkannt und mit der Begründung abgelehnt worden, es liege eine Pandemielage vor. Diese bedinge eine Allgemeingefahr, da in einem bestimmten Gebiet alle Menschen mehr oder minder gleich bedroht seien. Mit einer Infektion realisiere sich also kein in der konkreten Tätigkeit liegendes Risiko. Die Ausnahme bilden zwei Erkrankungen in Baden-Württemberg. Sie wurden aufgrund einer eindeutig nachweisbaren Infektionskette als Dienstunfall gewertet.
Die außergewöhnliche Pandemie-Situation mit Einsätzen, in denen sich die Beamtinnen und Beamten nicht ausreichend schützen könnten, erfordere eine besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Es sei daher höchste Zeit, das Versorgungsrecht entsprechend anzupassen sowie Lücken zu schließen, fordert Schilff.
Neben der GdP kritisiert auch der DGB die Haltung der Dienstherren scharf und verweist auf die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, die längst von der Annahme einer Allgemeingefahr abgerückt ist. Beamtinnen und Beamte, die trotz Corona-Lage aufgrund ihrer Funktion Kontakte zu anderen Menschen nicht reduzieren und keinen ausreichenden Abstand zu diesen halten können, dürfen von ihren Dienstherren mit dem Risiko einer Infektion und den daraus resultierenden Folgen nicht allein gelassen werden. Schließlich kann eine COVID-19-Infektion zu (gravierenden) Spätfolgen bis hin zum Tod führen.
Da zum aktuellen Zeitpunkt auch noch kein abschließendes Wissen über eben diese Spätfolgen vorhanden ist, ist aus GdP-Sicht dieser Musterprozess von grundsätzlicher, bundesweiter Bedeutung.
Bildrechte: GdP / Hagen Immel.
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