Strafrechtliche Rechtsprechungsübersicht
§ 113 StGB – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte; hier: Widerstand gegen Vollstreckungsfahrzeuge durch bloße Flucht. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB – Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern; hier: Zungenkuss. §§ 243, 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB – Wohnungseinbruchsdiebstahl; hier: Unmittelbares Ansetzen. (...)
Von Dirk Weingarten, Polizeihauptkommissar & Ass. jur., Polizeiakademie Hessen
Wir bieten Ihnen einen Überblick über strafrechtliche Entscheidungen, welche überwiegend – jedoch nicht ausschließlich – für die kriminalpolizeiliche Arbeit von Bedeutung sind. Im Anschluss an eine Kurzdarstellung ist das Aktenzeichen zitiert, so dass eine Recherche beispielsweise über Juris möglich ist.
I. Materielles Strafrecht
§§ 202a, 263a, 269, 303a StGB – Ausspähen von Daten; hier: Zugangssicherung beim Computerbetrug. Die Zugangssicherung im Sinne von § 202a Abs. 1 StGB muss darauf angelegt sein, den Zugriff Dritter auf die Daten auszuschließen oder wenigstens nicht unerheblich zu erschweren. Darunter fallen insbesondere Schutzprogramme, welche geeignet sind, unberechtigten Zugriff auf die auf einem Computer abgelegten Daten zu verhindern, und die nicht ohne fachspezifische Kenntnisse überwunden werden können und den Täter zu einer Zugangsart zwingt, die der Verfügungsberechtigte erkennbar verhindern wollte. Schließlich muss die Sicherung auch gerade im Zeitpunkt der Tathandlung bestehen. (BGH, Beschl. v. 21.7.2015 – 1 StR 16/15)
§ 263 StGB, §§ 261, 267 StPO – Betrug durch fingierte Verkehrsunfälle; hier: Anforderungen an die Beweiswürdigung. Die für die richterliche Überzeugung erforderlichen objektiven Grundlagen müssen aus rationalen Gründen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Fehlen Beweismittel, mit denen der Verdacht auf ein manipuliertes Unfallgeschehen im Zusammenhang mit einem Betrugsvorwurf nachgewiesen werden könnte, bedarf es einer Häufung von Beweisanzeichen, die für einen fingierten Unfall typisch sind. Solche typischen Indizien sind u.a., dass der Geschädigte auf Reparaturkostenbasis abrechnet, der Schädiger auf Grund der Unfallsituation voll haften muss, das geschädigte Fahrzeug hochwertig ist, während das schädigende Fahrzeug wertlos ist, der Unfall ohne nennenswerte Verletzungsrisiken war, er im Dunkeln geschah, neutrale Zeugen nicht anwesend waren und sich die Unfallbeteiligten zur Tatzeit in finanziellen schlechten Verhältnissen befanden. (KG Berlin, Beschl. v. 5.10.2015 – (5) 161 Ss 190/15 (40/15))
§ 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB – Urkundenfälschung; hier: Mehrfachnutzung falsches amtliches Kennzeichen. Der Angeklagte nutzte sein mit falschen Kennzeichen versehenes Fahrzeug am 18.2.15 um 20.15 Uhr und am 19.2.15 um 9.00 Uhr im öffentlichen Straßenverkehr. Es liegt nur eine Urkundenfälschung vor, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht. (BGH, Beschl. v. 26.10.2016 – 4 StR 354/16)
§ 303b Abs. 1 StGB – Computersabotage; hier: Angegriffenes Ziel dient rechtswidrigen Zwecken. Der Angeklagte (A.) unterstützte den Betrieb der in Deutschland illegalen Internet-Plattform „kino.to“, die kostenlos Links zu Raubkopien von Kinofilmen und TV-Serien zum Herunterladen oder zum Ansehen im Internet anbot. Nachdem „kino.to“ im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen abgeschaltet worden war, baute A. das Nachfolgeportal „kinox.to“ auf und betrieb dieses zusammen mit anderen. Des Weiteren sabotierte er als „Hacker“ unter Einsatz seiner IT-Kenntnisse und Erfahrungen durch sog. DDoS-Attacken in Form des Distributed-Reflechted-Denial-of-Service (DRDoS) den Betrieb zweier ebenfalls illegaler, konkurrierender Videostreaming-Plattformen und unterstützte die Beeinträchtigung des Betriebs der Konkurrenz-Plattformen. Auch wenn das angegriffene Ziel selbst rechtswidrig sei, falle es unter den strafrechtlichen Schutz der Norm. Für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 303b Abs. 1 StGB ist es unerheblich, ob der betroffene Datenverarbeitungsvorgang rechtmäßigen oder rechtswidrigen Zwecken dient. (BGH, Beschl. v. 11.1.2017 – 5 StR 164/16)
§ 348 Abs. 1 StGB – Falschbeurkundung im Amt; hier: Kfz-Zulassungsbescheinigung Teil II. Fahrzeughändler legten in einer Vielzahl von Fällen Wert darauf, dass in den Fahrzeugpapieren als letzter Halter eine Privatperson eingetragen war. In Fällen, in denen die Fahrzeuge zuvor auf einen gewerblichen Halter zugelassen waren, bevorzugten es diese, wenn eine neue Zulassungsbescheinigung Teil II ausgestellt wurde und der gewerbliche Vorhalter nicht mehr ersichtlich war. Der Angeklagte hatte im Rahmen seiner Tätigkeit als Verwaltungsangestellter einer Kfz-Zulassungsstelle für einen üblichen „Bakschisch-Satz“ von 20 Euro an die 500 Bescheinigungen – im Autohändlersinne – ausgestellt. Die Zulassungsbescheinigung Teil II ist hinsichtlich der darin enthaltenen Angaben zur Person keine öffentliche Urkunde im Sinne des § 348 StGB. Sie beweist weder zu öffentlichem Glauben, dass die Eintragungen zur Person richtig sind, noch dass die eingetragene Person Verfügungsberechtigter oder Halter des Fahrzeugs ist, auf das sich die Zulassungsbescheinigung bezieht. (BGH, Beschl. v. 2.12.2014 – 1 StR 31/14)
Service
Aktivitäten
Aktuelle Ausgabe
Mit ihrem aktuellen und vielfältigen Themenspektrum, einer Mischung aus Theorie und Praxis und einem Team von renommierten Autorinnen und Autoren hat „Die Kriminalpolizei“ sich in den vergangenen Jahren einen ausgezeichneten Ruf erworben.
Erklärung einschlägiger Präventions-Begriffe
Meist gelesene Artikel
RSS Feed PolizeiDeinPartner.de
PolizeideinPartner.de - Newsfeed
-
Polizeiliche Kriminalstatistik 2023
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) gibt Aufschluss über Straftaten, die im Laufe des Jahres...
-
Tatort Online-Banking
Wenn es zu einem Betrug beim Online-Banking kommt, haftet zunächst einmal die Bank. Doch immer...
-
Kinder als Gewaltopfer
Auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde sollen über Jahre Mädchen und Jungen...
-
„Das Wichtigste ist die Rahmennummer!“
Im Jahr 2023 wurden laut Polizeilicher Kriminalstatistik 264.062 Fahrräder gestohlen, in Berlin an...
-
Straftaten gegen Senioren
2023 fand eine Serie von Einbrüchen bei Senioren in Berlin und Sachsen-Anhalt statt: Die sechs aus...
-
Drogenlabore im Ausland
Wie die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt, steigt die Zahl der Rauschgiftdelikte seit Jahren...
-
Einbrecher: Wer sind die Täter?
Das Jahr 2016 markierte eine Trendwende bei Einbrüchen im Privatumfeld. Erstmals waren die Zahlen...