Handschuhspuren
Ein oft genutzter Schutzartikel rückt in den Fokus der kriminaltechnischen Untersuchung
Von Dipl. Ing. Matthias Braune, Sachverständiger für Technische Formspuren im LKA Bremen
In der Winterzeit geht fast jeder mit ihm um. Andere nutzen ihn, um sich bei der Arbeit vor Gefahren zu schützen: der Handschuh! Straftäter nutzen ihn auch, nur aus ganz anderen Beweggründen.
Betrachtet man den Tatverlauf heutiger Fälle und beschäftigt sich in diesem Zusammenhang eingehender mit der Vorgehensweise der Täter, wird schnell klar, dass mindestens jeder dritte Täter Handschuhe bei der Tatausübung trägt. Dies geschieht in erster Linie nicht zum Verbergen äußerlicher Merkmale, wie beim Tragen einer Sturmmaske, sondern, um den durch die Medien geschulten Täter davor zu bewahren, Finger- oder Handflächenspuren sowie eigene DNA am Tatort oder am Opfer zu hinterlassen. Und das zeigt Wirkung, nicht nur bei den Geschädigten, sondern auch bei den polizeilichen Einsatzkräften und Ermittlern. Zeugenaussagen wie: „der Täter hat Handschuhe getragen, da kann man wohl nichts machen, um ihm etwas nachzuweisen oder seiner habhaft zu werden!“ sind kein Einzelfall. Problematisch ist jedoch die Tatsache, dass selbst Polizeibedienstete daraufhin die Bemühungen zurückfahren und möglicherweise auf sachdienliche kriminaltechnische Untersuchungen verzichten bzw. diese nicht einmal einleiten. Denn die Tatsache, dass der Täter Handschuhe getragen hat, sollte ein Grund mehr sein, weitergehende Untersuchungen und auch Ermittlungen anzustreben.
Dieser Artikel soll auf die Möglichkeiten aufmerksam machen, die nach neuen Erkenntnissen innerhalb der Kriminaltechnischen Untersuchungsstellen und Institute realisierbar sind.
Abb. 1: Handabdruck ohne Handschuh | Abb. 2: Handschuhabdruck eines Nitril-Einmalhandschuhs mit der Hand aus Abb. 1 |
1. Die Möglichkeiten
Werden Handschuhe bei einer Tat eingesetzt, ergeben sich je nach Handschuhart grundsätzlich folgende Ansatzpunkte und Untersuchungsmöglichkeiten:
- Merkmale auf der Oberfläche von Handschuhen oder der Hand zeichnen sich in der Spur ab (bei Sicherstellung eines Handschuhes kann ein Vergleich durch einen Sachverständigen für Schuh-, Reifen- und Handschuhspuren durchgeführt werden)
- DNA, die in der Vortatphase auf die Oberfläche des Handschuhes gelangt ist, haftet der Spur an (Bestimmung der DNA durch forensische Biologen)
- Fasermaterial des Handschuhes kann auf der gegriffenen Oberfläche haften bleiben (Bestimmung der Fasern durch spezielle forensische Biologen)
Bei Sicherstellung eines Handschuhes der am Tatort oder auf dem Fluchtweg etc. zurückgelassen wurde, ergeben sich weitere Möglichkeiten:
- Durch das Überstreifen auf die Hand kann sich DNA-Material des Täters im Handschuh anlagern (Bestimmung der DNA durch forensische Biologen)
- Bei bestimmten Handschuharten ist es sogar möglich, dass sich Papillarlinien im Inneren des Handschuhes abzeichnen. (Vergleich durch einen Sachverständigen für Daktyloskopie)
Schwerpunkt dieses Artikels sind die forensischen Untersuchungsmöglichkeiten von Handschuhoberflächenmustern, die sich in Spuren abzeichnen können und in das Fachgebiet der Technischen Formspuren fallen.
Da sich Sachverständige der Technischen Formspuren bislang nur anlassbezogen mit Handschuhspuren beschäftigt haben, aber nie auf eine diesbezügliche Ausbildung oder fundiertes Wissen zurückgreifen konnten, war eine Gutachtenerstellung auf diesem Gebiet mit vielen Unwägbarkeiten verbunden. Dem wurde mit der im Jahr 2012 begonnenen Sachverständigenausbildung beim Bundeskriminalamt über Handschuhspuren entgegengewirkt. Mittlerweile wurden im Jahr 2015 auch einige Alt-Sachverständige der Bundesländer über Arten, Materialien, Oberflächen und die Herstellung von Handschuhen sowie in den Möglichkeiten diesbezüglicher Vergleichsuntersuchungen beschult.
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