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Editorial Juni 2010
„Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut,
sondern auch für das, was man nicht tut.“
Laotse (4.-3. Jh. V. Chr.)
Liebe Leserin,
lieber Leser,
„Haltet euch raus„, rief der Münchner GeschäftsmannDominik Brunner noch den Kindern zu, die er in einem Münchner S-Bahnhof beschützen wollte. Ein 13-jähriges Opfer schildert die letzten Minuten vor dem Tod seines Beschützers. „Mit geballten Fäusten„ gingen die Täter auf ihn, „unseren Beschützer„ los. Dominik Brunner wollte einen Konflikt zwischen Jugendlichen schlichten und hat am Ende sein couragiertes Eingreifen mit dem Leben bezahlt.
> Peggy Schmidt, Diplom-Psychologin an der Freien Universität Berlin, geht im ersten Teil ihres Beitrages „Maßnahmen zur Förderung von Zivilcourage„ auch auf die schrecklichen Ereignisse im September 2009 in München ein.
Herbert Klein Kriminaldirektor, Polizeipräsidium Mainz , Chefredakteur
Der Begriff Zivilcourage ist in der Öffentlichkeit sehr stark verbreitet und es wird an die Bürger appelliert, sich zivilcouragiert zu verhalten. Der Vorfall in München und andere Beispiele sind in erschreckender Weise Realität und gestalten zum Teil unser gesellschaftliches Klima, analysiert Peggy Schmidt. Nur allein der Aufruf, Zivilcourage zu zeigen, ist kein Garant dafür, dass Menschen auch wirklich in entsprechenden Notsituationen eingreifen und helfen. Hierfür sind ganz unterschiedliche Strategien und Handlungsabläufe notwendig, die durch Trainings gezielt erlernt werden können, stellt Sie fest. Zivilcourage ist nicht angeboren, sondern ein Sozialisationsprodukt, eine Verhaltensdisposition, die man erlernt und verlernt. Ansatzpunkte für Zivilcourage-Maßnahmen setzen Fähigkeiten und Fertigkeiten voraus, die gefördert bzw. gestärkt werden, beschreibt die Autorin. Dementsprechend kommt ihrer Auffassung nach den Vorbildern, beispielsweise Eltern, Lehrern, Vorgesetzten oder auch Multiplikatoren von Zivilcourage-Trainings sowie den Medien eine bedeutende Rolle zu. In der kommenden Ausgabe wird sich Peggy Schmidt mit konkreten Trainings, wie „Kleine Schritte statt Heldentaten„ aus Zürich, das „Anti-Gewalt-Projekt„ der Berliner Polizei oder das Theaterprojekt „DOMINO-Zivilcourage im Rampenlicht„ in Halle befassen. Alle Projekte zielen darauf ab, Empathie, Aufmerksamkeitsfähigkeit, Wahrnehmungsfähigkeit, Selbstvertrauen, Selbstsicherheit und Handlungswissen zu fördern. Auch geht sie der Frage nach: Warum bleiben Menschen in Notsituationen anderer oft nur Zuschauer und handeln nicht zivilcouragiert?
> Der islamistisch motivierte internationale Terrorismus hält nicht nur Militär und Sicherheitsbehörden in Afghanistan und dem Irak in Atem, sondern auch viele Gesellschaften in der westlichen Welt. Das Phänomen beschäftigt uns seit Jahren in zunehmender Weise und eine Ende nicht absehbar. Vor diesem Hintergrund analysiert Dr. Marwan Abou Taam, Politik- und Islamwissenschaftler aus Mainz, die maßgeblichen Entwicklungen und Reaktionen der vergangenen Jahre. In dieser Ausgabe betrachtet er zunächst die „Sicherheitspolitische Reaktion der USA auf den 11. September – Die „Bush-Ära„. Im Vordergrund steht dabei die Analyse eines sicherheitspolitischen Paradigmenwechsels und die Beschreibung einer veränderten Welt, verbunden mit neuen Bekämpfungskonzepten. Neue Fronten führen zu neuen Institutionen, so Dr. Abou Taam. Die Front verläuft überall im In- und im Ausland, was unter anderem zu einer Neuorganisation des exekutiven Apparats führt. Dies gilt beispielsweise für eine Veränderung beim Militär, eine Verschärfungen im Migrationsrecht und die erhebliche Erweiterung der Befugnisse von Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten. Zusammenfassend stellt Dr. Abou Taam fest, dass wir zunehmend mit einer verheerenden Diffusion von Konflikten konfrontiert sein werden, die wir nur bewältigen können, wenn wir tatsächlich ausreichend Handlungswissen besitzen, um eine Nachhaltigkeit im Sinne einer gesellschaftlichen Stabilisierung zu produzieren.
Herbert Klein
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